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Ein eindrucksvoller Tag

Diesmal, liebe Leute, geht’s um die Wurst! Genauer gesagt: Um unsere zurückliegende Hausschlachtung, bei der wir u.a. viiieeeele Würste herstellten und schöne Bratenstücke schnitten. Es gibt heute also nicht nur ein Rezept für einen schönen Braten, sondern Ihr werdet nachfolgend Bilder von Schlachtszenen sehen. Hier und hier hatte ich schon von unseren Galloways, der ersten Hausschlachtung und unseren Gedanken erzählt. Vielleicht mögt Ihr es noch einmal nachlesen. 
Warum berichte ich jetzt noch einmal darüber? Weil wir bei den letzten drei Hausschlachtungen Erfahrungen sammeln konnten, dazugelernt haben, optimieren konnten und es jetzt, beim vierten Mal, genau so war, wie wir uns das immer vorgestellt haben. Es war für uns ein eindrucksvolles, lehrreiches und besonderes Ereignis in unserem Dasein als Selbstversorger und davon möchte ich erzählen. 
Unser bisheriger Schlachter ist mit 76 Jahren in seinen wohlverdienten Ruhestand gegangen. Glücklicherweise haben wir aufgrund einer Empfehlung einen wunderbaren Nachfolger gefunden: Friedhelm, so heißt der “Neue”, hat den Metzgerberuf vor über zwanzig Jahren erlernt und übt ihn mit großer Leidenschaft, viel Herzblut und großem Erfahrungsschatz aus. An dem ließ er uns großzügig teilhaben und wir lernten viel von ihm. Zwischenmenschlich passte es vom ersten Moment, was nicht unerheblich ist, wenn man viele Stunden miteinander arbeitet und das an einer Sache, die einem selbst so wichtig ist. Eine glückliche Fügung, dass wir Friedhelm für unsere Hausschlachtungen gefunden haben.
Was war diesmal anders? Bisher war es so, dass unser Metzger zu uns auf den Hof kam, die Tiere auf der Weide tötete, mein Vater das getötete Tier am Frontlader in den Hof fuhr, wo es dann geschlachtet wurde. Am Ende des Tages wurde alles in das Auto des Metzgers verladen, damit das Fleisch bei ihm im Kühlhaus abhängen konnte. Er hat alles nach unseren Wünschen weiterverarbeitet und verpackt. Wir haben die fertig verpackten Sachen abgeholt und bei uns eingefroren. Das war komfortabel und gut!
Natürlich hat nicht jeder Metzger ein eigenes Kühlhaus. Uns war klar, dass wir unabhängig sein wollen. Wir haben daher im letzten Jahr in eine Kühlzelle investiert. Deshalb wurde diesmal am Ende Tages das Fleisch nicht ins Auto verladen, sondern bei uns in der Scheune ins neue Kühlhaus gebracht, wo es gute drei Wochen zur Reifung hängen durfte. Die Fleischreifung, also das kontrollierte Lagern von rohem Fleisch, ist ausgesprochen wichtig für die spätere Qualität des Fleisches.  Erst durch das Abhängen wird das Fleisch zart und aromatisch, hat eine größere Wasserbindungsfähigkeit, gart schneller und bleibt saftig. Das geschieht, weil der pH-Wert des Fleisches sinkt und freiwerdende Enzyme ein Auflösen der Muskelfaserstrukturen bewirken; das Fleisch wird dadurch zart. Dieser Vorgang braucht seine Zeit, vor allem beim Rindfleisch. Den ersten Bullen haben wir nach 21 Tagen zur Weiterverarbeitung aus der Kühlung geholt und den zweiten Bullen am 24 Tag nach der Schlachtung. Das war Pfingstsamstag.
Der Tag startete bewegend! Als ich mich morgens im Bad fertigmachte und auf die angrenzende Gallowayweide sah, fiel mir auf, dass sich eine Kuh irgendwie anders verhielt und dann platzte auch schon die Fruchtblase. Es dauerte noch etwa 15 Minuten und die Kuh gebar ihr Kalb. Bisher hatte ich noch nicht das Glück eine Geburt bei unseren Galloways beobachten zu können. Alles verlief ganz ruhig in der Herde: Die anderen Kühe waren in der Nähe, die kleinen Kälbchen beschnupperten neugierig den Neuankömmling und die Mutter leckte es ab. Ein wunderschönes und bewegendes Bild! Nach etwa einer Stunde stand es das erste Mal auf und mit dem Saufen klappte es schnell.
Der Metzger schlug morgens um 9.00 Uhr bei uns auf und legte zügig los mit dem Zerlegen des Fleisches. Mein Mann und ein guter Freund wurden zum Schneiden von Gulasch und für späteres Hackfleisch und Würste eingewiesen und eingeteilt. Friedhelm löste aus und schnitt Steaks, Bratenstücke, Rouladen, Suppenfleisch, etc. Nebenher erklärte er uns z.B. wo sich Roastbeef, Filet, Tafelspitz befinden und beantwortete jede Frage. Er ging auf unsere Wünsche ein und fragte mich (als spätere Köchin) wie dick ich beispielsweise die Steaks haben möchte, wie groß die Bratenstücke sein sollten oder wie viel aufgeschnittene Knochen ich für Fond benötige. Nachmittags kam der Fleischwolf zum Einsatz und Hackfleisch und die Masse für die groben Bratwürste wurden hergestellt. Im Teamwork wurden die Würste (478 Stück !!) befüllt und von Hand abgedreht.  Am Ende der Verarbeitung habe ich noch einmal jedes Stück in meinen Händen gehabt, alles in Beutel verpackt, die Größeneinheiten festgelegt und mit meinem Vater gemeinsam vakuumiert. Ca. 700 Tüten haben wir verpackt.
Das machte für uns den großen Unterschied zu den vorherigen Malen: Wir waren so nahe dran bis zum Schluss und haben viel Arbeit und Zeit in dieses Fleisch investiert. Die Tiere sind auf unserem Hof zur Welt gekommen, sie durften langsam heranwachsen und sind am Ende ruhig und stressfrei in ihrem normalem Umfeld getötet worden. Wir haben sie hier verarbeitet und sie haben unseren Hof nie verlassen. So ganz konträr zur Massentierhaltung, mit ganz viel Achtung vor dem Lebewesen und dem Leben und Sterben dieser Tiere. Es hatte etwas Ursprüngliches! Alle am Hof halfen mit: Mein Mann schnitt Fleisch, machte das Hackfleisch und half bei den Würsten, mein Vater half hier und dort und vor allem beim vakuumieren, meine Mutter passte auf unsere kleine Tochter auf, ich habe das Fleisch in Beutel abgepackt und sorgte für das leibliche Wohl und so arbeitete die Familie gemeinsam an der Versorgung für die nächsten Monate. Alles hier am Hof, ein natürlicher Prozess, nahe an der Natur und ohne Entfremdung vom Tier, wie es oft an den Fleischertheken zu sehen ist oder aus den Medien berichtet wird.  

Wir waren abends stehend k.o.; für uns war das eine ungewohnte Tätigkeit. Und während ich die letzten Pakete verpackte und die Wirtschaftsküche wieder saubermachte, hat mein Mann unsere kleine Tochter ins Bett gebracht und ich bin mir nicht sicher, wem schneller die Augen zufielen. Wir haben am späteren Abend auf diesen Tag ein Gläschen getrunken und waren sehr erfüllt von dieser Erfahrung mit der Gewissheit, eine hohe Qualität aus natürlichen und artgerechten Lebensbedingungen erzielt zu haben. Ein kostbares Nahrungsmittel. Das Leben als Nutztier ist die Bestimmung unserer Galloways und wir haben ihnen einen respektvollen Umgang bis zum Schluss gegeben.

Natürlich kann sich nicht jeder eine Rinderherde zuhause halten und Fleisch für den Eigenbedarf produzieren. Die Verantwortung für das eigene Konsumverhalten muss aber jeder übernehmen und vielleicht auch manchmal hinterfragen. Nahrungsmittel sind kostbar! Massentierhaltungssysteme mit tierquälerischer Haltung sollten wir nicht durch unserem Kauf unterstützen.

Liebe Grüße,
Silke

P.S.:
Das Rezept für den Rinderbraten habe ich für “Muddis kochen” erstellt und Ihr findet es hier

7 Kommentare
  1. Sylvia Lechner sagte:

    Hallo Silke,
    bei uns ist letztes Wochenende "nur" ein kleines Rehböcklein TK-fertig gemacht worden. Da ist ein Rind schon "bisschen" mehr – allein wenn ich mir die Größe der Keule ansehe. Vielen Dank für diesen Einblick – sehr eindrücklich geschrieben!
    Lieben Gruß
    Sylvia

    Antworten
  2. Ein Schweizer Garten sagte:

    Ein wirklich toller Bericht! Ich bewundere euch, dass ihr das so durchziehen könnt! Wenn möglich, beziehe ich unser Fleisch direkt vom Bauern, ansonsten gilt immer Qualität kommt vor Quantität. Lieber weniger Fleisch essen, dafür dann gutes. Ich war bis zu meiner ersten Schwangerschaft für 6 Jahre Vegetarierin, als ich schwanger war, überkam mich ein solcher Fleischappetit, dass ich seither wieder (massvoll) esse.
    Lg Carmen

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  3. Heimgemacht sagte:

    Vielen Dank für Deinen Kommentar! So wie Du Fleisch konsumierst, finde ich es genau richtig! Wir haben so tolle und verantwortungsvolle Landwirte mit artgerechter Viehzucht und die müssen wir auch unterstützen.

    Antworten
  4. Tonkabohne Sabine sagte:

    Liebe Silke,
    Leider finden Hausschlachtungen nur noch selten statt.
    Ich finde Eure Handhabung richtig und gut.
    Schade das die Deutschen immer noch Billig Fleisch bevorzugen.
    Du hast genau die richtigen Worte gefunden.
    Herzliche Grüße,
    Sabine

    Antworten

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